October 29, 2015 | Internationale Politik

Rohanis Pyrrhussieg

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Die Einigung über das iranische Atomprogramm gilt weithin als Erfolg – nicht zuletzt für Irans Präsidenten Hassan Rohani. Doch paradoxerweise könnte es für ihn und seine innenpolitischen Verbündeten in nächster Zeit daheim sehr gefährlich werden. Der Oberste Religionsführer Ali Khamenei und die Revolutionsgarden suchen die Konfrontation.

„Heute ist ein historischer Tag“, erklärte der iranische Außenminister Javad Zarif, nachdem sich die Islamische Republik und die EU3+3 am 14. Juli 2015 auf den „Gemeinsamen Aktionsplan“ zu Irans Atomprogramm geeinigt hatten. Keine Stunde später schloss sich Irans Präsident Hassan Rohani in einer Fernsehansprache an: „Gott hat die Gebete der großen iranischen Nation erhört!“

Der triumphale Ton beider Männer ist verständlich. Schließlich waren es die Hoffnung auf eine Verhandlungslösung, die Aufhebung der internationalen Sanktionen und eine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage für die Iraner, die Rohani und Zarif den Weg ins Amt ebneten.

Doch während Rohani und Zarif noch damit beschäftigt sind, ihren Erfolg zu feiern, wetzen ihre Gegner in Teheran, allen voran der Oberste Religionsführer Ali Khamenei und die iranischen Revolutionsgarden, bereits die Messer gegen das dynamidynamische Duo. Der Ausgang dieses politischen Ringens wird nicht nur über die Karriere von Rohani und dessen Team entscheiden, sondern auch über das Schicksal des Atomabkommens zwischen dem Iran und den EU3+3, über die Nachfolge von Ajatollah Khamenei und letztlich über die Frage, wer in der Islamischen Republik die Kontrolle ausübt.

Mit dem Abschluss des Atomabkommens braucht Khamenei den Präsidenten und seinen Außenminister nicht mehr. Er wird sie vermutlich nicht länger gegen innenpolitische Kritik abschirmen, wie er es in den ersten zwei Jahren ihrer Amtszeiten getan hat. Schlimmer noch: Aus Sorge um deren wachsende Beliebtheit könnte er die Revolutionsgarden darin bestärken, zum politischen Angriff auf Rohani und seine Verbündeten überzugehen.

Nicht, dass die Revolutionsgarden Khameneis aktiver Ermunterung bedürften: Weil sie die treibende Kraft des iranischen Atomprogramms sind und vermutlich zu den Hütern der Bombe würden, falls der Iran sich doch entschließt, Atommacht zu werden, haben die Revolutionsgarden zweifellos am meisten zu gewinnen. Dies allein dürfte schon ausreichend Grund für deren Opposition gegen Rohanis Atomdiplomatie bieten. Dessen Versuche, die Revolutionsgarden politisch zu marginalisieren und aus der Wirtschaft hinauszudrängen, tragen zur Feindschaft gegenüber den Präsidenten nur noch weiter bei.

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Iran